Kräuterapotheke im Kleingarten: Nelkenwurz

Die Nelkenwurz ist aus der heimischen Apotheke nahezu verschwunden. Dabei bietet das Rosengewächs vielfältige Heilwirkungen und sollte in keiner Kräuterapotheke fehlen. Erkennbar ist die unscheinbare Pflanze, die sich wild sammeln, aber auch im Kleingarten anpflanzen lässt, an ihrem markanten Geruch (Foto: Ralphs_Fotos/Pixabay).
Manneskraftkraut der Hildegard von Bingen
Wollten Männer in früheren Zeiten die Gunst einer Frau gewinnen, verließen sie sich nicht selten auf die Nelkenwurz. Denn diese galt im Volksglauben lange Zeit als potentes Mittel, um die eigene Attraktivität auf das holde Geschlecht zu steigern. Dafür sollten liebestrunkene Männer die Wurzel des Krauts als Amulett bei sich tragen und dadurch automatisch besser bei den Damen ankommen. Bereits Hildegard von Bingen verwies auf die angeblich aphrodisierende Wirkung der Nelkenwurz und empfahl sie auch beim späteren Rendezvous – also dann, wenn das Amulett hoffentlich Wirkung gezeigt hatte. Auf diese der Nelkenwurz zugesprochene Wirkung weisen auch die Trivialnamen der Pflanze wie „Mannskraftwurzel“ oder „Manneskraftkraut“ hin.
Die kleinen gelben Blüten der Nelkenwurz bestehen aus fünf gelben Kronblättern (Foto: DerWeg/Pixabay).
Ein anderer Name der Echten Nelkenwurz (Geum urbanum) ist hingegen „Benediktinerwurz“ oder „Benediktinerkraut“. Denn die Pflanze wurde früher häufig in Klostergärten kultiviert und nicht nur in der Heilkunde, sondern auch für Kräuterliköre und beim Bierbrauen genutzt. Der Name geht auf den Heiligen Benedikt zurück, der als Vater der Klosterheilkunde gilt. Neben den heilenden Eigenschaften der Pflanze versprachen sich viele Gläubige bei ihrer Anwendung wohl auch den Beistand des heiligen Mannes, der ihnen zu einer schnellen Genesung verhelfen sollte.
Nelkenwurz mit kleinen gelben Blüten
Botanisch gehört die Nelkenwurz zur Familie der Rosengewächse und ist eine der wenigen Pflanzen, die auch im Winter grün bleiben. Sie erreicht Wuchshöhen zwischen 30 cm und 120 cm und ist an einem aufrechten Stängel mit mehreren Verzweigungen zu erkennen. An diesem wachsen dreizählige, gefiederte und grob gesägte Blätter. Dabei ist das Endblatt in der Regel am größten. Die Oberseite der Blätter ist behaart und von Mai bis September blüht die Nelkenwurz auffällig gelb. Dabei weisen die kleinen Blüten einen Außenkelch mit fünf grünen spitzen Kelchblättern und fünf gelbe Kronblätter auf. Die bis zu 80 kleinen Fruchtblätter, die während der Blüte leicht gewölbt in der Blütenmitte zu finden sind, entwickeln sich später zu kleinen Nüsschen, die eine markante kugelige und stachelige Form bilden. Ähnlich den Kletten verheddern sich diese im Spätsommer und Herbst gern im Fell von Hunden oder an Hosenbeinen.

Der markante Fruchtstand der Nelkenwurz heftet sich an gern an Hosenbeine (Foto: Stefan Schweihofer/Pixabay).
Die Nelkenwurz bevorzugt schattige bis halbschattige Standorte und ist wild vor allem in Auenwäldern, auf halbschattigen Lichtungen und an Wegrändern zu finden. Auch im Garten lässt sich die Pflanze anbauen, benötigt hier jedoch nährstoffreiche und eher feuchte Böden. Verbreitet ist die Pflanze in ganz Europa, West- und Mittelasien sowie in Nordafrika. Dort findet man sie vorrangig in Tunesien, Algerien und Marokko. Als eingeschleppte Pflanze hat es das Kraut sogar bis nach Australien und Neuseeland geschafft.
Gerbstoffe und Eugenol wirken bei Fieber, Durchfall und Schmerzen
Während Hildegard von Bingen und so mancher Mann auf Freiersfüßen die Nelkenwurz als Liebespflanze empfahl, weist das Kraut weitere heilwirkende Eigenschaften auf. Denn die hohe Anzahl an Gerbstoffen macht die Nelkenwurz zu einem wirksamen Hilfsmittel bei allerlei Leiden. Hauptsächlich enthalten sind Gallotannine und Ellagitannine, aber auch ätherische Öle wie Eugenol sowie das Glykosid Gein. Außerdem Enzyme, Bitterstoffe, Flavone, Harze und Saccharide. Dabei wirken diese Bestandteile entzündungshemmend, adstringierend, blutstillend, stopfend, fiebersenkend, schmerzstillend, harntreibend und krampflösend. Daher wird Nelkenwurz bei Durchfall, Fieber, Magenkrämpfen und gegen Magen-Darm-Problemen eingesetzt. Aber auch bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum und bei Hauterkrankungen wie Ekzemen oder Ausschlägen.
Verwendet werden die Wurzeln und Rhizome der Pflanze. Diese wachsen in kurzen dicklichen Knollen und sind außen braun und innen rosig bis leicht lila. Geerntet werden die Wurzeln im Winter bis etwa Ende März. Anschließend werden sie getrocknet und zerkleinert und können dann in Form von Tees, Aufgüssen zum Gurgeln, als Badezusatz, Umschläge und ähnliches verwendet werden. Ein Stück Wurzel zu kauen, soll zudem gegen Zahnschmerzen und Zahnfleischentzündungen helfen. Geschmacklich erinnert die Nelkenwurz-Wurzel an Nelken und ist leicht bitter. Ganzjährig sind zudem die Blätter der der Pflanze eine leckere Zugabe zu Salaten. Auch die Blüten und Knospen sind essbar.
Nelkenwurz am Geruch erkennbar
Wer beim Sammeln unaufmerksam ist, kann die Nelkenwurz unter Umständen mit verschiedenen Hahnenfußgewächsen oder dem Schöllkraut verwechseln. Daher sollte immer auf den charakteristischen Geruch der Pflanze geachtet werden. Denn der Name Nelkenwurz kommt nicht von ungefähr, riecht das Kraut doch genauso wie die in der Küche übliche Gewürznelke. In Zeiten, in denen Gewürze für viele Menschen noch unerschwinglich waren, diente die Nelkenwurz als Würzmittel und wurde als Ersatz für die teure Gewürznelke verwendet. Deshalb lässt sich die Echte Nelkenwurz am besten am Geruch erkennen, der beim Anschnitt der Wurzel entsteht.
Neben der Echten Nelkenwurz gibt es weitere Arten wie die Bach-Nelkenwurz oder die Berg-Nelkenwurz. Verwechslungen mit diesen Geschwister-Pflanzen kommen vor, haben jedoch keine negativen Auswirkungen. Diese sind ebenfalls essbar und weisen zum Teil lediglich eine geringere Heilwirkung auf. Allerdings sollte man bei der Einnahme von Nelkenwurz auf die Dosis achten. Denn bei übermäßigem Verzehr können unter Umständen Übelkeit und Erbrechen auftreten. Das liegt an den Gerbstoffen, die in hohen Dosen die Magenschleimhaut reizen können. Außerdem kann das enthaltene Eugenol in größeren Mengen zu leichten Rauschzuständen führen. Mitunter findet man den Hinweis, Nelkenwurz und alle daraus entstandenen Mittelchen nicht in Gefäßen aus Eisen aufzubewahren.
Aphrodisierend und leicht berauschend: Nelkenwurz im Volksglauben
In früheren Zeiten diente die Nelkenwurz aufgrund ihres Geruchs nicht nur als Mittel gegen den Teufel und zum Austreiben von Dämonen, sondern auch als Hilfe zum Fassen von Dieben. Dafür legte der Bestohlene ein Säckchen mit zerkleinerten Wurzelstückchen unter sein Kopfkissen. In der kommenden Nacht sollte ihm der Dieb dann im Traum erscheinen. Wie wirksam dieses Hausmittel gegen Diebstahl wirklich war, ist nicht überliefert. Allerdings könnte sich die berauschende Wirkung der Nelkenwurz tatsächlich auf die Träume des Schlafenden ausgewirkt haben.
Bei Augenleiden trugen die Menschen in früherer Zeit ein Säckchen mit Nelkenwurz für acht Tage um den Hals. Anschließend musste man das Beutelchen in einen See oder Teich werfen – und zwar mit dem Gewässer zugedrehten Rücken, ohne sich umzudrehen und über die Schulter hinweg. Wer sich daran hielt, sollte künftig wieder besser sehen können oder von seiner Augenerkrankung geheilt werden. Von dieser Praxis soll sich der Trivialname „Hasenauge“ ableiten.
Achtung:
Der Anbau von Kräutern und Heilpflanzen zählt nur in geringem Maß zur kleingärtnerischen Nutzung gemäß der sächsischen Rahmenkleingartenordnung. Vorrang sollten immer Obst- und Gemüsepflanzen haben.
Carmen Kraneis, Gartenfachberaterin
Steckbrief: Nelkenwurz
Name | Geum urbanum, auch Benediktinerkraut, Echte Nelkenwurz, Mannskraftwurzel, Hasenauge |
Familie | Rosengewächse (Rosaceae) |
Verbreitung | Europa, West- und Mittelasien, Nordafrika |
Standort | nährstoffreiche, feuchte Böden im Schatten und Halbschatten |
Aussehen | mittelhohe krautige Pflanze mit gefiederten, dreizähligen und grob gesägten Blättern; kleine gelbe Blüten mit fünf Kronblättern und fünf spitz zulaufenden grünen Kelchblättern; nach der Blüte kugelige und stachelige Frucht mit kleinen Widerhaken |
Essbarkeit | ungiftig; verwendet werden vorrangig die unterirdischen Pflanzenteile; Blätter, Blüten und Früchte sind ebenfalls essbar |
Verwendung | Heil- und Gewürzpflanze; als Tee, Badezusatz, Umschlag, Aufguss |
Wirkung | entzündungshemmend, adstringierend, harntreibend, stopfend, fiebersenkend, krampflösend, schmerzlindernd |
Anwendung | bei Magen-Darm-Beschwerden, Durchfall, Fieber, Zahnschmerzen, Entzündungen im Mund- und Rachenraum, Ekzemen und Ausschlägen |
Darreichung | getrocknete Wurzeln als Tee, Aufguss, Gurgellösung, Badezusatz oder direkt gekaut |
Unsere Rezeptecke
Nelkenwurz-Tee | 1 TL getrocknete und klein geschnittene Nelkenwurz-Wurzel mit 250 ml kochendem Wasser übergießen. 15 Minuten abgedeckt ziehen lassen und abseihen. Bis zu 2 Tassen pro Tag noch warm in kleinen Schlucken trinken. Bei Durchfall, Magen-Darm-Beschwerden und Fieber. Zum Gurgeln und Spülen auch im Mund- und Rachenraum geeignet. |
Nelkenwurz-Wein | 250 g frische Nelkenwurzel zerkleinern und mit 750 ml Weißwein in einen Topf geben. Gemisch kurz aufkochen lassen und dann abgedeckt über Nacht ziehen lassen. Mischung mit den Wurzelstücken in ein geeignetes Gefäß abfüllen und verschlossen im Kühlschrank aufbewahren. Abends oder bei Bedarf ein Schnapsglas trinken. Hält sich im Kühlschrank etwa zwei bis drei Wochen. Hilft bei Magen-Darm-Beschwerden, Durchfall und Schmerzen. |
Nelkenwurz-Tinktur | Sauberes Schraubglas zu zwei Dritteln mit grob geschnittener frischer oder getrockneter Nelkenwurz-Wurzel befüllen und mit einem hochprozentigen klaren Alkohol mit mindestens 70 Volumenprozent auffüllen. Die Wurzeln sollten gut bedeckt sein. Glas verschließen und die Mischung zwei Wochen an einem warmen Ort ziehen lassen. Dabei regelmäßig schütteln. Anschließend abseihen und in ein geeignetes Gefäß abfüllen. Die Tinktur kann bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum direkt auf die betroffene Stelle getupft oder zum Gurgeln genutzt werden. Äußerlich angewendet hilft sie auch bei Entzündungen und Ausschlägen. |
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